Finanzen

Betriebliche Altersvorsorge: Nachteile, die man kennen sollte

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) gilt für viele Arbeitnehmer als wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Kein Wunder – schließlich klingt es erstmal sinnvoll: Geld fürs Alter sparen, direkt über den Arbeitgeber, oft sogar mit einem Zuschuss vom Chef. Doch wer genauer hinschaut, erkennt schnell, dass diese Form der Zusatzrente nicht nur Vorteile bietet.

Hinter dem Prinzip der sogenannten Entgeltumwandlung verbergen sich einige Fallstricke, die langfristig spürbare Auswirkungen haben können – vor allem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Einkommen. In der öffentlichen Diskussion stehen meist nur die positiven Seiten im Fokus, während die Nachteile der betrieblichen Altersvorsorge oft zu kurz kommen. Zeit also für einen genaueren Blick hinter die Kulissen.

Das Prinzip der betrieblichen Altersvorsorge – ganz kurz erklärt

Die betriebliche Altersvorsorge – kurz bAV – funktioniert im Grunde ganz einfach: Ein Teil des Bruttogehalts wird monatlich in einen Vorsorgevertrag eingezahlt, oft über eine sogenannte Entgeltumwandlung. Das heißt, ein bestimmter Betrag wird direkt vom Lohn abgezogen und fließt in die Altersversorgung. Dadurch sinkt das zu versteuernde Einkommen – ein Vorteil, der allerdings später noch eine Rolle spielt. Arbeitgeber sind verpflichtet, bei neuen Verträgen mindestens 15 % Arbeitgeberzuschuss beizusteuern, sofern sie dadurch Sozialabgaben sparen. In vielen Fällen stocken Unternehmen den Beitrag sogar freiwillig weiter auf, aber das ist keine Pflicht.

Es gibt verschiedene Durchführungswege: Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse oder Direktzusage. Jeder dieser Wege hat eigene Regeln, Vor- und Nachteile – was die ganze Sache oft unübersichtlich macht. In der Praxis läuft es häufig auf eine Direktversicherung hinaus. Viele Arbeitnehmer schließen einen solchen bAV Vertrag im Rahmen ihres Jobs ab, oft ohne die Details genau zu kennen. Und genau da beginnen manchmal schon die ersten Probleme.

Der erste Haken: Steuerersparnis heute, Steuerlast morgen

Einer der meistgehörten Vorteile der betrieblichen Altersvorsorge ist die Steuerersparnis in der Ansparphase. Und ja – solange Beiträge aus dem Bruttogehalt fließen, sinkt das zu versteuernde Einkommen. Doch was auf den ersten Blick wie ein cleverer Steuervorteil wirkt, entpuppt sich später oft als ziemlich durchwachsene Rechnung. Denn in der Rentenphase greift das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung: Die spätere Betriebsrente muss voll versteuert werden – auch dann, wenn das Einkommen im Alter eigentlich knapp ist.

Das bedeutet: Während der bAV Vertrag im Erwerbsleben hilft, Steuern zu sparen, kann er im Ruhestand für böse Überraschungen sorgen. Wer dann auf eine möglichst hohe Auszahlung hofft, sieht sich plötzlich mit einer deutlich geringeren Netto-Rente konfrontiert. Besonders Arbeitnehmer mit niedriger gesetzlicher Rente merken das. Die ursprüngliche Idee – mehr Geld im Alter – verliert dadurch spürbar an Attraktivität. Ein klarer Nachteil, den viele erst bei Renteneintritt wirklich bemerken.

Sozialabgaben – die oft übersehenen Kosten

Neben der Besteuerung sorgt noch ein weiterer Punkt für lange Gesichter im Rentenalter: die Sozialabgaben. Denn auf die spätere Betriebsrente fallen in der Regel Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an – und das nicht zu knapp. Besonders gesetzlich Versicherte müssen die vollen Beiträge allein tragen, also sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeberanteil. Das schmälert die Auszahlung zusätzlich und wird bei Vertragsabschluss häufig unterschätzt.

Wer im Alter auf Krankengeld, Elterngeld oder Arbeitslosengeld angewiesen ist, muss ebenfalls genau hinschauen. Denn durch die Entgeltumwandlung sinkt das sozialversicherungspflichtige Einkommen – und damit auch die Berechnungsgrundlage für viele dieser Leistungen. Das kann im Ernstfall zu geringeren Ansprüchen führen. Auch beim Thema Beitragsbemessungsgrenzen wird es schnell unübersichtlich.

Unterm Strich bleibt: Die betriebliche Altersvorsorge spart zwar in der Einzahlungsphase Abgaben, fordert sie aber später umso entschlossener zurück. Ein echter Nachteil, der sich im Rentenalter deutlich bemerkbar machen kann – vor allem bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit kleinem Polster.

Weniger Rente vom Staat durch Entgeltumwandlung

Was viele nicht wissen: Wer über die betriebliche Altersvorsorge spart, zahlt weniger in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Der Grund ist simpel – durch die Entgeltumwandlung sinkt das sozialversicherungspflichtige Gehalt. Das freut kurzfristig den Geldbeutel, weil weniger Abgaben fällig sind, hat aber langfristige Folgen: Die gesetzliche Rente fällt am Ende niedriger aus.

Gerade Arbeitnehmer mit ohnehin überschaubaren Rentenansprüchen sollten das nicht unterschätzen. Denn jeder Euro, der in die bAV fließt, fehlt gleichzeitig im gesetzlichen Rententopf. Das kann die spätere Rentenzahlung deutlich drücken – ein klarer Nachteil für Beitragszahler, der selten offen angesprochen wird.

In manchen Fällen ergibt sich unterm Strich sogar ein Nullsummenspiel: Was in der bAV angespart wird, fehlt bei der gesetzlichen Rente – und wird zusätzlich noch versteuert und mit Abgaben belegt. Das große Plus auf dem Rentenkonto bleibt damit oft aus. Wer also glaubt, mit der bAV automatisch besser dazustehen, sollte vorher einen genauen Blick auf die Auswirkungen werfen.

Hohe Kosten: Abschluss, Verwaltung & Co.

Ein weiterer Stolperstein bei der betrieblichen Altersvorsorge sind die oft versteckten Kosten. Viele bAV Verträge kommen mit saftigen Abschluss- und Verwaltungskosten daher – und die zehren ordentlich an der Rendite. Gerade bei Produkten wie der Direktversicherung oder Pensionskasse fließt ein nicht unerheblicher Teil der Beiträge zunächst in Provisionen, Gebühren und Verwaltung. Was davon letztlich für die Altersversorgung übrig bleibt, ist oft ernüchternd.

Hinzu kommt: Die Kostenstruktur ist meist schwer durchschaubar. In vielen Fällen weiß der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin beim Vertragsabschluss gar nicht, wie viel des eingezahlten Geldes tatsächlich für die eigene Altersvorsorge arbeitet. Vor allem bei längeren Laufzeiten können diese Gebühren erhebliche Auswirkungen auf die spätere Auszahlung haben.

Während die Vorteile der bAV oft klar kommuniziert werden, bleiben die Kosten im Kleingedruckten versteckt. Ein transparenter Vergleich mit anderen Formen der Altersvorsorge – etwa einem ETF-Sparplan – zeigt schnell: Die betriebliche Altersvorsorge ist nicht immer die günstigste Option, wenn es um das Verhältnis von Beitrag und Leistung geht.

Geringe Flexibilität: Einmal drin, nur schwer wieder raus

Einmal abgeschlossen, läuft ein bAV Vertrag oft über Jahrzehnte – und genau das kann zum Problem werden. Denn im Gegensatz zu anderen Formen der Altersvorsorge lässt sich die betriebliche Altersvorsorge nur schwer an veränderte Lebensumstände anpassen. Eine Kündigung ist in der Regel nicht vorgesehen, und eine vorzeitige Auszahlung ist so gut wie ausgeschlossen.

Wer also plötzlich finanzielle Engpässe hat, zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit, Elternzeit oder Krankheit, hat keinen Zugriff auf das angesparte Geld. Das macht die bAV zu einer ziemlich starren Lösung. Gerade in einer Welt, in der Jobwechsel, Teilzeitphasen oder flexible Lebensmodelle immer häufiger werden, passt das nicht immer gut zusammen.

Jobwechsel und Arbeitgeberwechsel – das nächste Problem

In Zeiten, in denen kaum jemand 30 Jahre beim selben Unternehmen bleibt, wird die Flexibilität der Altersvorsorge besonders wichtig. Und genau hier zeigt die bAV Schwächen. Ein Arbeitgeberwechsel kann beim bestehenden bAV Vertrag nämlich zum echten Stolperstein werden. Zwar gibt es gesetzliche Regelungen zur Mitnahme, doch in der Praxis ist das oft kompliziert. Nicht jeder neue Arbeitgeber übernimmt alte Verträge, und nicht jeder Vertrag lässt sich ohne Weiteres übertragen.

In vielen Fällen bedeutet das: Der alte Vertrag ruht, neue Beiträge fließen nicht mehr, und die Verwaltung läuft nebenher weiter – oft mit laufenden Kosten. Ein neuer Vertrag beim neuen Arbeitgeber kommt dann obendrauf. So entsteht ein Sammelsurium aus Verträgen, mit unterschiedlichen Bedingungen und möglichen Nachteilen bei der späteren Auszahlung.

Besonders knifflig wird es, wenn der neue Arbeitgeber einen anderen Durchführungsweg nutzt oder sich schlicht weigert, alte Modelle zu übernehmen. Dann bleibt oft nur die passive Weiterführung – wenig attraktiv für alle, die auf klare Strukturen bei der Altersvorsorge setzen.

Und was, wenn der Arbeitgeber insolvent geht?

Auch wenn man es niemandem wünscht – eine Insolvenz des Arbeitgebers kann passieren. Im Fall der betrieblichen Altersvorsorge stellt sich dann schnell die Frage: Was passiert mit dem angesparten Geld? Für bestimmte Durchführungswege, wie Direktzusagen oder Unterstützungskassen, springt der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) ein. Doch der Schutz greift nicht in allen Fällen und nicht bei jeder Form der bAV.

Bei einer Direktversicherung, die auf den Namen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers läuft, ist das Guthaben meist sicher. Trotzdem kann es bei Insolvenzen zu Verzögerungen kommen oder zu Schwierigkeiten, etwa bei der Verwaltung oder dem Zugriff auf Unterlagen. Wer denkt, mit einer bAV ist man auf der sicheren Seite, sollte sich vorab genau informieren, welcher Schutz im Ernstfall greift – und welcher nicht. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten lohnt sich der Blick aufs Kleingedruckte.

Kritik von Verbraucherschützern und Experten

Verbraucherschützer und Rentenexperten sehen die betriebliche Altersvorsorge schon lange kritisch – vor allem, wenn sie über Versicherungslösungen wie Direktversicherungen angeboten wird. Einer der Hauptkritikpunkte: Intransparente Verträge, hohe Kosten und kaum Vergleichsmöglichkeiten für Arbeitnehmer. Zudem wird die Beratung oft vom Arbeitgeber oder dessen Versicherungspartner übernommen – was nicht immer objektiv ist.

Auch der oft beschworene Arbeitgeberzuschuss relativiert sich, wenn man bedenkt, dass er meist nur die eingesparten Sozialabgaben abdeckt. Wirkliche Zusatzleistungen bleiben in vielen Fällen aus. Hinzu kommen die Nachteile bei der gesetzlichen Rente, der nachgelagerten Besteuerung und den Sozialabgaben in der Rentenphase.

Statt echter Vorsorge entsteht so oft ein Produkt, das sich eher für die Versicherungswirtschaft als für die Mitarbeitenden lohnt. Deshalb raten viele Experten dazu, Alternativen wie private Altersvorsorge oder ETF-Sparpläne nicht aus den Augen zu verlieren.

Lohnt sich das wirklich für Arbeitnehmer?

Die betriebliche Altersvorsorge kann ein sinnvoller Baustein der Altersversorgung sein – muss es aber nicht. Zwischen Arbeitgeberzuschuss, Steuerersparnis und sozialabgabenfreier Entgeltumwandlung verstecken sich zahlreiche Fallstricke. Von der nachgelagerten Besteuerung über sinkende Ansprüche bei der gesetzlichen Rente bis hin zu Intransparenz und eingeschränkter Flexibilität gibt es einige Punkte, die gut überlegt sein wollen.

Gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit häufigen Jobwechseln oder niedrigerem Einkommen kann die bAV sogar mehr Nachteil als Nutzen bringen. Eine individuelle Prüfung der Verträge, Kosten und Leistungen ist deshalb unerlässlich. Wer langfristig vorsorgen will, sollte auch Alternativen wie ETF-Sparpläne, Rürup oder Riester in Betracht ziehen – je nach persönlicher Lebenslage.

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